Raff dich, Zeit! – Teil 1

Der große Tag rückt näher und näher. Damit wird es Zeit, sich mal Gedanken darüber zu machen, wie man das große Ereignis festhalten möchte.

Haufenweise Bilder und Videos verstehen sich ja von selber. Aaaaaaber: zu viele Bilder und zu lange Videos sind ein sehr effektives Schlafmittel. Erfahrungsgemäß ist alles, was über wenige Minuten hinausgeht, für alle Zuhörer zu langweilig und damit nicht von Interesse.
Viel spannender und interessanter wird ein Hausbau, wenn die Wände im Sekundentakt einschweben und das Haus innerhalb von fünf Minuten steht. Genau, ich rede von Zeitraffervideos.
Mit Hilfe dieser Technik kann man das, was während mehrerer Tage passiert, bequem in wenigen Minuten präsentieren. Es passiert ständig was, die Bilder an sich sehen interessant aus und damit bleibt das Interesse dauerhaft geweckt.

Natürlich ist das nicht nur für potentielle Zuhörer interessant sondern auch für einen selbst ist es eine sehr schöne Erinnerung, wenn man sich später einmal den Bau nochmals anschauen möchte.

Aber aller Anfang ist auch hier schwer. Neben theoretischen Grundlagen will auch erforscht sein, mit welchen Geräten man solche Aufnahmen anfertigen kann, wie das Ergebnis aussieht und vieles mehr.

Also frisch ans Werk (und bitte auf “Weiter lesen” klicken)!

Grundlagen

Die erste und wichtigste Grundlage betrifft Filme im ganz Allgemeinen. Filme sind ja kein echt kontinuierliches Medium sondern nur eine schnelle Abfolge einzelner Bilder. Je mehr Bilder gezeigt werden, desto leichter lässt sich das Auge täuschen und glaubt eine kontinuierliche Bewegung zu sehen.

Typischerweise ist dieser Punkt bei ca. 25 Bildern pro Sekunde erreicht. Dieser Wert wird auch als Framerate bezeichnet, vom englischen frames per second. Nimmt man weniger werden die Bewegungen ruckelig, nimmt man mehr, entsteht mitunter ein hyperrealistischer Eindruck.

Der Zusammenhang zu Zeitrafferfilmen ergibt sich nun darüber, dass die Anzahl gemachter Bilder und die Framerate bestimmen, wie lange ein Film wird und zusammen mit dem Intervall bestimmen, wie lange man für die Erstellung der Aufnahme braucht.

Das lässt sich in eine hübsche Formel verpacken: z = f * r = a / i

  • z = Bildanzahl
    Die Anzahl an Bildern, die man erstellt und die man im fertigen Film zeigt.
  • f = Filmlänge (in Sekunden)
    Gibt an, wie lange die fertige Zeitrafferaufnahme laufen wird.
  • r = Framerate (Bilder pro Sekunde)
    Gibt an, wie viele Bilder pro Sekunden gezeigt werden.
  • a = Aufnahmedauer in Echtzeit (in Sekunden)
    Die Zeit, die benötigt wird, um alle Einzelbilder anzufertigen.
  • i = Intervall (in Sekunden)
    Die Zeit, die zwischen zwei Einzelaufnahmen verstreicht.

Da Zeitrafferaufnahmen sowieso eine Abfolge von Standbildern zeigen, die in einem mehr oder weniger großen Zeitabstand erstellt wurden,  muss man nicht die vollen 25 Bilder pro Sekunde erreichen. Typischerweise reichen 10 – 15 fps (frames per second). Gleichzeitig kann man natürlich über eine höhere oder niedrigere Bildrate auch den Zeitraffereffekt steuern.

Ein Beispiel: für einen Film von 60 Sekunden mit 10 fps benötigt man 600 Einzelbilder. Wird alle 5 Sekunden ein Bild geschossen, benötigt man somit 3.000 Sekunden (50 Minuten) für die gesamte Aufnahme. Dies entspricht einer 50fachen Beschleunigung. Zeigt man die selben Bilder mit 25 fps, erhält man einen Film von 600 / 25 = 24 Sekunden Dauer. Dies entspräche einer Beschleunigung von 125.

Letzten Endes wird man sich deshalb eher überlegen, in welchem Intervall man die Aufnahmen erstellen möchte und wie lange der abzubildende Prozess ist. Die Länge des Zeitraffervideos kann man dann anschließend justieren.

Folgerung für unseren Hausbau:

  • Tendentiell werde ich ein eher kurzes Intervall wählen (5 – 10 Sekunden). Löschen oder beschleunigen kann man hinter immer. Verpasste Momente aber nicht wiederherstellen. Neben dieser Trivialerkenntniss werden für einen 10-Stunden-Tag voraussichtlich zwischen 3.600 und 7.200 Einzelbilder anfallen.
  • Bei 10, 15 und 25 fps ergäbe das ein Video zwischen gut 2 Minuten und 12 Minuten Länge.

Umsetzung

So, genug theoretisiert: wie lege ich los? Denn irgendwie wollen die ganzen Bilder ja auch geschossen werden. Selbstverständlich wird man diese Bilder nicht alle freihand schiessen, denn zum einen bekommt man das Intervall nicht so präzise hin, zum anderen würde das fertige Video dann zu stark wackeln und überhaupt. 🙂

Bei meinen Recherchen bin ich auf mehrere Möglichkeiten gestoßen, die Aufnahmen zu erstellen:

  •  Webcam an Laptop
    Das ist die eigentlich einfachste Möglichkeit. Ein Laptop ist schnell irgendwo beschafft und eine Webcam ist auch häufig vorhanden. Das kombiniert man mit einer Software, die regelmäßig ein Bild schießt und Voilà, hat man alles, was man braucht. Letzteres ist eigentlich immer bei einer Webcam beigelegt.
    Die Sache hat nur einen Hacken: bei unserem Hausbau haben wir nicht unbedingt Strom (ein Notebook-Akku hält nicht lange genug) und ich möchte ungern ein Laptop draußen stehen lassen, wenn es womöglich regnet.
    Diese Lösung scheidet für meine Zwecke also aus.
  • Dedizierte Geräte
    Es gibt Geräte auf dem Markt, die einzig und allein für Zeitrafferaufnahmen gedacht sind. Besondere Merkmale: wetterfest, Batterie-betrieben, internes Speichermedium.
    Hier gibt es mehrere Modelle, die ich weiter unten eingehender betrachte.
  • Fotokamera mit externer Steuerung
    Die meisten gängigen Fotokameras können über externen Zubehöhr ferngesteuert werden. Sei es funkgebunden oder per Kabel. In der einfachsten Variante hat man nur einen Auslöserknopf. Es gibt aber auch Modelle, die komplexe Zeitsteuerungen erlauben.
    Beispiele für gängige Modelle von Canon, Nikon oder Panasonic gibt es hier.
    Ich habe mich allerdings aus technischen Gründen gegen diese Variante entschieden, denn es gibt noch den letzten Punkt. 😉
  • Fotokamera mit interner Steuerung
    Es gibt im Internet mitunter wahnsinnig engagierte Communities, denen die Möglichkeiten mancher Kamera nicht weit genug gehen. Diese Communities programmieren deshalb für gängige Typen eigene Firmware, die die Möglichkeit einer Kamera erheblich erweitern. Da ich Besitzer einer Spiegelreflexkamera bin (Canon 400D), wollte ich deshalb mal ausprobieren, ob man nicht auch diese Kamera dazu verwenden kann, Zeitrafferaufnahmen anzufertigen. Kurz gesagt: man kann. Details kommen weiter unten.

Dedizierte Geräte

Es gibt einige Geräte auf dem Markt, die von sich aus Zeitrafferaufnahmen unterstützen. Auffallend ist, dass es einen Hersteller namens Brinno (deutsche Homepage, englische Homepage) gibt, der sich auf diese Gerätekategorie spezialisiert hat. Das besondere Merkmal ist, dass diese Kameras keine einzelnen Bilder aufnehmen sondern direkt ein fertiges Video liefern. Man benötigt also keine weitere Software, um die Bilder zu einem Video umzurechnen.

Ich habe mir deshalb einige Kameras bestellt, um mir diese genauer anzuschauen:

  • Brinno TLC 100
    Eine Stand-Alone Kamera, die es sehr einfach ermöglicht, Zeitrafferaufnahmen anzufertigen. Besonderes Merkmal ist die Wetterfestigkeit, die es erlaubt, die Kamera über lange Zeiträume im Außenbereich aufzustellen.
  • Brinno TLC 200
    Die TLC 200 ist im Gegensatz zu der TLC 100 nicht wetterfest sondern für den Inneneinsatz konzipiert. Dafür bietet sie eine bessere Ausstattung in Form eines LCD-Displays und eines schwenkbaren Objektivs, was die Aufstellung, Aufnahme und Bildkontrolle vereinfacht.
  • Brinno Garden Watch Cam
    Im Wesentlichen baugleich zu der TLC 100 (zumindest vom Gehäuse und inneren Aufbau). Der größte Unterschied ist, dass ein Spieß mitgeliefert wird, um die Kamera im Erdreich aufstellen zu können.

Sehr positiv ist mir zunächst aufgefallen, dass die Kameras komplett geliefert werden, um direkt loslegen zu können. Nicht nur die Kamera war im Paket sondern auch Batterien und jeweils ein passendes Speichermedium. Vorbildlich und heutzutage nicht mehr selbstverständlich.

Die Kameras selber wirken solide gebaut. Sie liegen angenehm in der Hand, es klappert nichts und die Wetterfestigkeit glaube ich. Alle Kameras verfügen über ein Standard-Stativ-Gewinde und liessen sich so auch montieren.

Ich bin auf die Testergebnisse gespannt!

Folgende Kameras habe ich mir außerdem angeschaut aber nicht bestellt:

Eigene Kamera

Oben habe ich es beschrieben: ich besitze eine Canon EOS 400D. Das gute Stück ist zwar schon ein wenig betagt, für meine Zwecke reicht es aber allemal. Für Canon gibt es generell mehrere große Lösungen für eine alternative Firmware: Magic Lantern und Canon Hack Development Kit (für Nikon gibt es garantiert ähnliches, ich kenne es nur nicht).
Welche der beiden Lösungen man braucht, hängt vom Kameratyp ab: die “kleinen” Point & Shoot-Kameras werden durch CHDK abgedeckt, während die großen Spiegelreflexkameras durch Magic Lantern angesprochen werden.

Meine Kamera wird allerdings nicht mehr durch Magic Lantern unterstützt, weshalb ich auf eine andere Alternative ausweichen muss: 400plus ist genau das, was ich brauche.
Die Software bringt einen ganzen Sack an Features mit, von denen ich allerdings genau eines brauche: den Intervalometer. 🙂

Die Vorbereitung ist eigentlich ganz übersichtlich:

  1. Kamera auf die aktuelle Firmware bringen.
  2. Erste Firmware-Erweiterung aufspielen.
  3. 400plus-Firmware aufspielen.

Hat trotzdem einen Nachmittag gekostet, denn die Tools, die man benötigt, sind nicht immer ganz trivial zu finden und zu bedienen. Generell sollte man hier wissen, was man tut…

Ergebnisse

Die Ergebnisse meiner Tests schildere ich in einem weiteren Artikel, sonst wird es hier einfach zu lang. 😉

 

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2 Antworten zu Raff dich, Zeit! – Teil 1

  1. Anja sagt:

    :)) Ich lach mich schlapp. Du hast wirklich Langeweile.

    Ok – ich gestehe, ich habe den Artikel nicht ganz gelesen, ich bin ADHS’ler und die können sich auf so viele Fakten bekanntlich nicht konzentrieren. 😉 Aber ich habe quer gelesen und kann dir versichern: ein Baunachbar besitzt eine sogenannte Baukamera, die steckt irgendwo neben seiner Baustelle unauffällig im Boden und hat regelmäßig Bilder gemacht, damit er hinterher gucken konnte, wer was klaut oder so. 🙂 Und beim Stellen seines Holzhauses hat sie alles ordentlich festgehalten und davon gab es dann auch schon das erste Video zu sehen. Aber natürlich habe ich keine Ahnung, was er hat… Es gibt demnach ähnlich verrückte Artverwandte. 😉

    Viel Spaß beim Filmen/Fotografieren des Aufbaus! Wir profitieren ja nur davon. 🙂

  2. Pingback: Vera & Christophs Baublog » Raff dich, Zeit! – Teil 2

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