Sonnenangeregte Elektronenaktivität, Teil 1 (Grundlagen und Wirtschaftlichkeit)

An sonnigen Tagen wie heute fällt mir mal wieder ein, dass wir ja eventuell noch eine Photovoltaik-Anlage bauen möchten.
Zu verführerisch ist die Aussicht auf eine womöglich attraktive Rendite und eine (teilweise) Unabhängigkeit von den Stromerzeugern. Da ich mit der Materie bisher wenig bis gar nichts zu tun hatte, muss ich wohl ganz vorne anfangen. In mehreren Teilen schreibe ich hier zusammen, was ich in Erfahrung gebracht habe und gelernt habe.

Vergütung

Fangen wir mal damit an, was mir eine PV-Anlage einbringen kann: entweder ich verbrauche den Strom selber, dann muss ich weniger Gebühren an meinen Stromanbieter bezahlen. Oder ich verbrauche den Strom nicht selber. Dann kann ich den erzeugten Strom ins Netz einspeisen und erhalte dafür eine Vergütung.

Hier mal, was mich wohl erwartet:

  • Strompreis
    Der Strompreis ist natürlich stark variabel. Aber je nachdem kann man wohl in 2013 mit 20-30 Cent rechnen. Gute Tarife dürften im Bereich bis 25 Cent / kWh anzutreffen sein. (Nicht lohnenswerte) Wärmepumpentarife liegen ein bisschen niedriger bei ca. 17-19 Cent / kWh, benötigen dann aber einen separaten Zähler.
  • Einspeisevergütung
    Die Einspeisevergütung wurde 2012 stark verändert bzw. gestrichen. Details dazu finden sich z.B. hier, hier oder hier.
    Für mich heißt das ganz konkret: es gibt für Anlagen, die im Mai 2013 ans Netz gehen 15,63 Cent / kWh, wenn die theoretische Höchstleistung der Anlage kleiner als 10 kWp ist und 14,83 Cent / kWp, wenn die Anlage größer als 10 kWp ist, wobei dann sogar nur 90% vergütet werden. Wichtig: nur der Anteil über 10 kWp wird mit dem niedrigeren Satz vergütet.
    Die 90%-Grenze ist dabei weitgehend irrelevant, da man auf Grund der niedrigeren Sätze sowieso so viel wie möglich selbst verbrauchen sollte.

Fazit: die Quote des Eigenverbrauchs zu erhöhen ist ein Muss! Stromspeichersysteme sind eine (sich nicht rentierende) Möglichkeit, programmierbare Verbraucher wie Geschirrspülmaschine oder Waschmaschine eine andere. Teilweise können auch Wärmepumpen den aktuellen Ertrag einer PV-Anlage auswerten und bevorzugt dann heizen, wenn gerade Strom produziert wird.

Basisdaten

Die Ausgangslage lässt sich durch einige Parameter beschreiben:

  • Verfügbare Dachfläche
    Da muss ich wohl was rechnen…
    Unser Dach ist 19,92m breit und hat beiderseits 90cm Dachüberstand. Macht in Summe 12,92m + 1,8m = 14,72m.
    Davon muss ich den aufgesetzten Giebel abziehen, der (inklusive eine Dachüberstands) 5,98m in Anspruch nimmt. Damit blieben 14,72m – 5,98m = 8,74m nutzbarer Breite. Die Länge des sich ergebenden Rechtecks beträgt nach Bauzeichnung 7,76m. Damit hätten wir also eine Fläche von 8,74m * 7,76m = 67,8qm.
    Dazu käme noch der Bereich oberhalb des Giebels, den man bei einer maximalen Ausbaustufe auch noch nutzen könnte. Dieser bildet ein Rechteck von ca. 6m * 4m = 24qm.
    In Summe kämen wir also auf bis zu 67,8qm + 24qm = 91,8qm.
    Da ich vielleicht nicht das gesamte Dach zupflastern möchte, rechne ich weiter unten auch mit einer Teilabdeckung von 50qm.
  • Dachneigung
    Unser Dach ist mit 18° Neigung recht flach. Das muss aber nicht unbedingt ein großer Nachteil sein. Im Sommer beträgt der Sonnenhöchststand bei uns ca. 62° und im Winter ca. 16°. Die optimale Dachneigung für unseren Standort wäre also bei senkrechter Einstrahlung 28° – 74°. Je höher die Dachneigung, desto mehr optimiert man die Dachneigung in Richtung Winter, was natürlich Unfug ist. Damit sind unsere 18° schon ziemlich gut, laut Simulation erreichen wir damit 97° des Maximalertrags, der bei einer optimalen Dachneigung von 33° zu erzielen wäre.
  • Dachausrichtung
    Das ist ebenfalls einfach: perfekte Ausrichtung nach Süden. Besser gehts nicht.
  • Abschattung
    Hohe Bäume oder hohe Gebäude gibt es bei uns nicht im Bereich des Süddaches, also auch hier perfekte Voraussetzungen. Lediglich zum Abend hin müssen im Winter wir mit leichter Abschattung eines Teil der Anlage durch einen Baum rechnen, was deshalb auch nicht weiter ins Gewicht fällt.

Leistungsabschätzung und -berechnung

Schätzung

Mit diesen Daten rufe ich zunächst mal unser lokales Solarkataster auf. Das liefert uns folgende Ergebnisse:

  • Für unser Grundstück wird im Dachflächenkataster eine sehr gute Eignung für die Nutzung von Photovolatik ausgegeben.
  • Die Analyse des Fkächenpotenzials ergibt, dass wir mit 1.021 bis 1.031 kWh/qm/Jahr an Sonneneinstrahlung rechnen können.
    Das wäre für unser Dach – je nach Ausbaustufe – zwischen 51.000 kWh/Jahr und 95.000 kWh/Jahr. Zu dumm, dass der Wirkungsgrad nur im niedrigen zweistelligen Bereich liegt. Aber 5.000 – 10.000 kWh/Jahr wäre auch ne ordentliche Menge! 😀

Neben der grundsätzlichen Klärung möchte ich aber natürlich genauer wissen, was machbar ist und was der Ertrag sein könnte. Da liegt es doch nahe, sich mal die Seite der Energieagentur NRW anzuschauen. Dort finden sich grobe Rahmenparameter und ein PV-Rechner.

Rein von den geschätzten Rahmenwerten her, könnten wir folgendes bauen:

  • Elektrische Leistung: 7 – 13 kWp
  • Energieertrag pro Jahr: 860 – 920 kWh/kWp, für uns also 6.020 – 6.440 kWh/Jahr für eine kleinere und 11.180 – 11.960 kWh/Jahr bei einer Anlage in maximaler Größe
  • Kosten: geschätzt ca. 1.400€/kWp (netto!) für eine schlüsselfertige Anlage, also zwischen 9.100€ und 18.200€

Berechnung

Mit diesen Daten starte ich dann mal den auf der Seite der Energieagentur verlinkten PV-Rechner (der leider noch mit 16,19 statt 15,63 Cent / kWh gerechnet hat):

  • Wetterstation: Bonn-Roleber (passt nicht 100% ist aber die uns am nächsten gelegene Station)
  • Dachfläche: 50qm
  • Ausrichtung der Dachfläche: 0° (Süden)
  • Neigung: 18°
  • Wann geht die Anlage ans Netz: Juni 2013 (geschätzt)
  • Erwartete jährliche Ertragsminderung: 0,5% (Vorgabe des PV-Rechners, die ich nicht ändere)
  • Wie hoch ist ihr Stromverbrauch im Jahr: 8.000kWh (geschätzt, habe ja noch keine Bestandsdaten)
  • Wieviel davon verbrauchen Sie bei Tageslicht: 20% (Vorgabe des PV-Rechners, die ich nicht verändere)
  • Was bezahlen Sie für eine kWh Strom: 25 Cent (Basistarif eines großen Stromanbieters)
  • Prognostizierte Strompreissteigerung pro Jahr: 3% (Vorgabe des PV-Rechners, die ich nicht verändere)
  • Investitionskosten: 1.800€/kWp
  • Betriebskosten: 1% p.a.
  • Betriebskostensteigerung: 1,5% p.a.
  • Förderung: keine
  • Finanzierung: keine (das ist sicherlich ein Knackpunkt, denn etwaige Finanzierungskosten muss man von einer möglichen Rendite abziehen)

Der Rechner spuckt mir dann folgende Werte aus, jeweils auf 20 Jahre gerechnet:

Benutzerdefinierte Module (1,25qm / 250 Wp)

  • Investitionskosten: 14.000 €
  • Erwarteter Jahresertrag: 8.873 kWh/Jahr
  • Durchschnittlicher Überschuss pro Jahr: 1.523,00 € (berücksichtigt u.a. Kosten für Wartung und Betrieb sowie Ersparnisse durch Eigenverbrauch)
  • Rohertrag bei 100% Einspeisung: 8.873 kWh / Jahr * 0,1619 € / kWh = 1.436,54 € / Jahr
    (für Mai 2013 korrigiert: 8.873 kWh / Jahr * 0,1563 € / kWh = 1.386,85 € / Jahr)
  • Rendite: 10,8%
  • Amortisation: nach ca. 10 Jahren (genau: 9,19 Jahre)

Erkenntnisse

Aus den Daten lassen sich gewisse grundlegende Erkenntnisse ableiten.

  • Die Ertragswerte des PV-Rechners passen mit den oben erfolgten, groben Abschätzungen zusammen.
  • Der Ertrag verspricht bei diesen Werten sehr lohnenswert zu sein. 8 – 10% Rendite sind in heutiger Zeit ein Wort!
  • Kritische Stellgröße ist der Prozentsatz der selbst verbrauchten Menge: kann man den nach oben treiben, wird es tendentiell lohnenswerter. Alleine: das ist nicht so leicht, weil viele Verbraucher abends oder Nachts laufen. Da braucht es schon ein ausgefeiltes Enenergiemanagement, um z.B. Spülmaschine, Trockern oder die Wärmepumpe tagsüber laufen zu lassen und so den Eigenverbrauch zu maximieren.
  • Hier nicht im Detail dargestellt: Mono- oder Polykristallin geben sich bei der Rendite wenig, allerdings bedeuten polykristalline Module eine höhere Investitionssumme.
  • Dünnschichtmodule bringen noch mehr Rendite, allerdings auf einem absolut gesehen niedrigerem Niveau, weil sie mehr Fläche benötigen.
  • Die Wahl zwischen den Modulen richtet sich theoretisch danach, wie viel Fläche und wieviel Geld man investieren möchte / kann. Praktisch hängt es davon ab, was in den Angeboten der Solateure enthalten ist.

Wirkungsgrad verschiedener Solarzellen

Der Strom einer PV-Anlage wird letzten Endes durch die Solarzellen in den einzelnen Modulen gewonnen. Es gibt verschiedene Typen mit unterschiedlichem Wirkungsgrad (siehe etwa Wikipedia). Neben dem Wirkungsgrad ist aber auch noch die energetische Amortisation interessant, wann man also mehr Energie generiert hat, als man bei der Fertigung verbraucht hat. Diese Betrachtung wird mir hier aber zu k0mplex, da unter anderem verlässliche Daten schwer zu bekommen sind.

  • Organische Solarzellen: 10,6%
  • Dünnschichtmodule (Cadmiumtellurid): 13%
  • Solarzellen aus polykristallinem Silizium: 13-18%
  • Solarzellen aus monokristallinem Silizium: 14-24%
  • Konzentratorzellen: bis zu 40%

Das nur als Anmerkung. Bei den Angeboten, die ich bisher eingeholt habe, hat der Zellentyp nur eine untergeordnete Rolle gespielt. In der Dokumentation ist dieser natürlich beschrieben, bildet für mich aber kein eigenständies Selektionskriterium.

Fazit

Die Entscheidung pro oder kontra einer PV-Anlage kann man aus verschiedenen Motivationen heraus treffen: Idealismus (nur erneuerbare Energie), Unabhängigkeit (von Stromkonzernen) oder Ökonomie (gute Rendite).

Aus diesem Artikel dürfe ganz gut hervorgegangen sein, dass unsere Entscheidung hauptsächlich auf dem wirtschaftlichen Ertrag einer solchen Anlage beruht. Gleichzeitig bin ich aber auch ganz froh, ein Stück weit damit von zukünftigen Strompreiserhöhungen geschützt zu sein bzw. deren Effekte abfedern zu können.

Dementsprechend wichtig war für uns die Klärung der Frage, ob sich eine PV-Anlage rentiert. Das tut sie und damit kann ich mich mit dem nächsten Schritt auseinander setzen: dem Design und der Planung der Anlage.

Dazu mehr in einem der folgenden Artikel.

Dieser Beitrag wurde unter Infrastruktur, Planung neues Haus, Projekt "Unser Haus" veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Antworten zu Sonnenangeregte Elektronenaktivität, Teil 1 (Grundlagen und Wirtschaftlichkeit)

  1. Pingback: Vera & Christophs Baublog » Sonnenangeregte Elektronenaktivität, Teil 2 (Komponenten und Preise)

  2. JP sagt:

    Hallo,

    bitte Versicherung PV (bei mir mit Aufpreis) nicht vergessen und Rücklagen für Reparaturen. Was noch abgeht, sind Steuern für Einspeisevergütung …

  3. Pingback: Vera & Christophs Baublog » Die Montage unserer Photovolatik-Anlage

  4. Pingback: Passivhaus 2.0 – unsere Photovoltaikanlage kommt aufs Dach « Passivhaus in Münster

Kommentare sind geschlossen.